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Liebe Leserinnen, liebe Leser!


Österreich hat einen erschreckenden Spionagefall – und nimmt ihn aus einer ganzen Reihe von Gründen so überhaupt nicht ernst. Erstens, weil die Begebenheiten – ein Kärntner namens Egisto Ott; die Kanzlergattin, die Gärten Tulln, die nassen Diensthandys – so lustig klingen. Zweitens, weil die Parteien nach Kräften versuchen, sich die Angelegenheit gegenseitig umzuhängen. Drittens, weil man den Eindruck hat, dass es bei uns im beschaulich-neutralen Österreich eh nicht um viel gehen könne.
Zu Unrecht.

Offensichtlich hat Russland – auch und gerade zu einer Zeit, als Österreich sich nach Kräften bemüht hatte, ein guter Freund (bzw. „strategischer Partner“, wie es bis heute in der Sicherheitsstrategie heißt) zu sein – versucht, einerseits an geheime Informationen über politische Gegner (dazu Otts Meldeabfragen) und andererseits an Wissen aus hohen Regierungskreisen (siehe die verschwundenen Handys) zu kommen. Und das alles durch ein über Jahre kultiviertes Netz an Spitzeln, die gleichzeitig Kontakt zu unserer Politik hielten.
 
 
 
 
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Das ist keine kleine Posse unter rivalisierenden Beamten, sondern eine systematische Unterwanderung unseres Staates durch eine ausländische Macht – und man darf davon ausgehen, dass hier nur die Spitze des Eisbergs sichtbar geworden ist. Die Republik sollte das als feindlichen Akt werten und entsprechende Konsequenzen ziehen.

Wehrhafte Neutralität gegen Agenten
Die vernünftigste Reaktion wäre, außen- und verteidigungspolitisch endlich klar Schiff zu machen. Es ist jetzt der drittbeste Moment (nach den Angriffen Russlands auf die Ukraine 2014 und 2022), die NATO um einen Beitritt zu ersuchen und Jahrzehnte sicherheitspolitischer Trittbrettfahrerei zu beenden. Angesichts des Zustandes, in dem die Welt gerade ist, würde das Bündnis wahrscheinlich sogar in Erwägung ziehen, uns aufzunehmen.

Weil es dafür aber derzeit keine realistische Mehrheit gibt – weder im Volk noch unter den Parteien – bleibt Variante zwei: Österreich muss seine Neutralität wehrhaft machen, und das betrifft auch den nachrichtendienstlichen Bereich. Das Biotop an fremden Agenten, das in Wien jahrzehntelang niemanden wirklich interessiert hat, gehört trockengelegt: die Abhöreinrichtungen, einschlägige Botschaftsmitarbeiter, diverse „Freundschaftsgesellschaften“ und so weiter, all das gehört auf den Tisch, klare, strenge Regeln eingezogen und exekutiert.

U-A, Straf- und Dienstrecht
Dass es angesichts der recht gut belegten Vorwürfe gegen Ott, erstens, noch keinen Spionage-Untersuchungsausschuss gibt – oder gleich einen, der die gesamten Kontakte Österreichs mit Russland im vergangenen Jahrzehnt rigoros prüft – ist kaum zu verstehen, wenn man gleichzeitig sieht, welche relativ nichtigen Themen die existierenden Ausschüsse gerade aufarbeiten. Alle Parteien sollten sich zusammentun und umgehend einen solchen U-Ausschuss einsetzen.

Zweitens muss das Strafrecht überarbeitet werden, um Spionage in Österreich generell zu verbieten – derzeit ist sie das nur, wenn sie „zum Nachteil Österreichs“ geschieht. Das trifft auf den aktuell bekannt gewordenen Fall zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit zu, aber das Ökosystem, das im Schatten dieses Paragrafen gedeiht – „was ihr gegen wen anderen spionierts, interessiert uns nicht" – stärkt offensichtlich Netzwerke, die Österreich destabilisieren. Hier gehört an der Wurzel angesetzt – die Initiative der Bundesregierung, künftig jede Spionage verfolgen zu wollen, ist sinnvoll.

Zuletzt muss die Regierung aber auch bei sich selbst ansetzen. Einerseits bei den Ministerien: Dass Beamtinnen und Beamte vor zu schnellen Suspendierungen geschützt sind, ist grundsätzlich sinnvoll. Dienstrechtlich sollte aber erwogen werden, in besonders sensiblen Bereichen eine (ohnehin stets nur vorläufige) Außerdienststellung samt Entzug dienstlicher Insignien zu vereinfachen, wenn Vorgesetzte einen begründeten Verdacht wegen Spionage hegen. 

Andererseits zeigt sich auch in diesen Spionagefällen wieder einmal, dass die schlampige Stellung der Kabinettmitarbeiter von Ministern – für die es etwa offenbar keinen ordentlichen Dienstweg zur Reparatur/Entsorgung von Diensthandys gibt – ein Einfallstor für Unsitten jeder Art ist. Sie gehört abschließend geregelt, mit allen Pflichten, die hochbezahlten Staatbediensteten, die in der höchsten politischen Ebene arbeiten, zumutbar ist.

Herzlich,
Ihr Georg Renner
 
 
 
 
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