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Liebe Leserinnen, liebe Leser!


Ich hoffe, Sie sind gut im Jahr 2024 angekommen; willkommen und alles Gute dafür. Politisch wird es, fürchte ich, ein interessantes Jahr, und – elegante Überleitung – einen Vorgeschmack darauf hat es über den Jahreswechsel schon gegeben: die Auseinandersetzung um die CO2-Abgabe. 

Was ist passiert? Bleiben wir einmal beim ersten Thema: Die SPÖ hat sich abermals dafür stark gemacht, die planmäßige Erhöhung der CO2-Abgabe der hohen Inflation wegen auszusetzen. Die Abgabe, die beim Kauf von Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl anfällt, ist zu Neujahr auf 45 Cent pro Tonne Kohlendioxid gestiegen – wie es das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz vorsieht, 2025 sollen es dann die finalen 55 Cent pro Tonne werden.

Jahr für Jahr steigende Teuerungsmaßnahme
Das macht die Tankfüllung naturgemäß teurer – pro Liter Benzin macht die Abgabe seit gestern rund zehn Cent aus – und, so das Argument der SPÖ (und der FPÖ, die für eine komplette Streichung ist), das sei in Zeiten der ungewollt hohen Teuerung eher kontraproduktiv.

Damit hat sie Recht. Der Effekt der CO2-Abgabe auf die Teuerung ist verschwindend klein (das Wifo beziffert ihn rund um 0,1 Prozentpunkte), aber es gibt ihn nun einmal, und Österreich leidet im westeuropäischen Vergleich noch immer deutlich stärker unter der Inflation als vergleichbare Staaten. Wenn man den Kampf gegen die Teuerung als seine politische Maxime definiert, muss man zumindest genau erklären, warum der Staat auf der einen Seite milliardenschwere Anti-Teuerungs-Pakete ausschüttet, während er auf der anderen Seite eine Jahr für Jahr steigende Teuerungsmaßnahme einführt.
 
 
 
 
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Im Fall der CO2-Abgabe kann man das allerdings sehr wohl erklären. Österreich hat sich im Rahmen der EU-weiten Klimaziele verpflichtet, seine Treibhausgas-Emissionen deutlich zu reduzieren; und, wie Kollege Sator vor Kurzem im Standard exzellent ausgeführt hat: Unser ganz großes Problem dabei sind und bleiben die Abgase im Verkehr. Die müssen runter, und das Mittel, das die türkis-grüne Koalition dafür gewählt hat, ist eben die CO2-Abgabe. Die Idee dahinter: Indem man Händlern und Verbrauchern klar macht, dass Benzin, Diesel usw. jetzt jedes Jahr teurer werden, signalisiert man ihnen, dass es keinen (wirtschaftlichen) Sinn mehr hat, sich einen Verbrenner zuzulegen.

Grundlegende Konstruktionsfehler
Das Problem: Wenn jetzt eine relevante Zahl an Parteien – die Freiheitlichen sowieso, die SPÖ jetzt auch, und wie enthusiastisch die ÖVP von dem Moment an, in dem sie nicht mehr an ihr Koalitionsabkommen mit den Grünen gebunden ist, für den Erhalt der Abgabe kämpfen wird, überlasse ich Ihrer Fantasie – das Zeichen gibt, die Abgabe wird es so oder so nicht mehr allzu lange geben, ist dieser Effekt beim Teufel. Und das wiederum ist, weil wir immer noch keinen Plan haben, wie wir unsere Klimaziele konkret erreichen wollen, nicht wünschenswert. 

Man kann diese Diskussion aber auch nicht führen, ohne die grundlegenden Konstruktionsfehler der CO2-Abgabe anzusprechen: Vor allem, dass sie viel zu niedrig ist – Experten hatten einen weit höheren Preis als die 55 Cent pro Tonne empfohlen – und dass die Preisgestaltung ab 2026 in den Sternen steht. Und dann ist da noch der „Klimabonus“: Aus Angst der Regierung Kurz II, als böse Steuerräuber wahrgenommen zu werden, streut der Staat sogar etwas mehr Geld, als er durch die Abgabe einnimmt, als Direktüberweisung oder Gutscheinsendung an alle Menschen im Land aus. 1,5 Milliarden Euro waren das 2023, die Dankbarkeit dafür hat sich, siehe letzter Leitfaden, in recht überschaubaren Grenzen gehalten. 

Maßnahmen weiterentwickeln
Was wäre jetzt zu tun? Erstens bräuchte es ein klares Bekenntnis aller Parteien, die CO2-Abgabe grundsätzlich beibehalten zu wollen – und ein entsprechendes Engagement in den EU-Gremien, einen (idealerweise höheren) europaweiten Preispfad zu entwickeln, der dann ab 2026 auch in Österreich wirkt. Das ist, wenn man schon keine ordnungspolitischen Regeln wagt, bis wann Verbrenner von den Straßen und aus den Heizräumen verschwunden sein müssen, die beste Variante, einen halbwegs verträglichen Treibhausgas-Pfad hinzubekommen.

Zweitens sollte sich die Koalition dringend überlegen, ob der „Klimabonus“, diese ultimative Gießkannenförderung, der Weisheit letzter Schluss ist. Das stärkste Argument dafür war immer, der Bonus sei für die Akzeptanz der Abgabe (ich lese das als: für die Akzeptanz der Regierung) nötig. Das ist ein Ziel, das angesichts der inzwischen unüberschaubaren Förderungen verfehlt worden sein dürfte. Es wäre klug, sich zu überlegen, was man mit den Einnahmen aus der CO2-Abgabe – in einem ohnehin klammen Budget – Sinnvolleres tun könnte, als sie ziellos auszuschütten. 

Eine Variante wäre, drittens, eine Überarbeitung im Paarlauf mit einer Reform der Pendlerpauschale. Das ist für sich eine andere Geschichte (es gibt eine von eher mäßiger Tiefe getragene Auseinandersetzung zwischen den Koalitionspartnern darüber, ob sie reformieren wollen, wovon im Koalitionsabkommen – Seite 79 – steht, dass sie es reformieren wollen); aber dass man überhaupt eine Maßnahme zur Entlastung von Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, konzipiert hat, ohne die genau für solche Menschen gedachte Steuerpauschalierung gleich mit zu reformieren, ist eines der großen Wunder der heimischen Politik. Es wird wohl nicht das letzte gewesen sein.

Auf ein gutes Jahr,
Ihr Georg Renner
 
 
 
 
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