In einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde werden die großen Fragen der Energiewende verhandelt. ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌  ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ 
                                                           
 
 
 
 
 
 
Liebe Leserin, lieber Leser,
 
   

hallo erstmal, ich freue mich, dich kennenzulernen! Mein Name ist Paul Koren, ich bin seit meinem Redaktionspraktikum – inzwischen ist das gut ein Jahr her – bei DATUM, darf dir nun jeden Monat eine Klima-Recherche ins Postfach liefern und Breitengrade weiterführen! Ich habe über Klimathemen auch für die Wiener Zeitung und die steirische Straßenzeitung Megaphon geschrieben. Also keine Sorge, der Bergmannsgruß-Betreff bedeutet keinen radikalen Fokuswandel im Newsletter. Ich habe für die diesmonatige Geschichte nur ein bisschen zu tief ins Bohrloch geschaut.

Besagtes Bohrloch befindet sich im oberösterreichischen Molln, und zwar nur 58 Meter vom Naturschutzgebiet Jaidhaustal entfernt. Die österreichische Tochterfirma des in Australien börsennotierten Unternehmens ADX Energy Ltd. bohrt dort nach Erdgas. Die vermuteten 22 Mrd. Kubikmeter Gas reichen, um unseren Bedarf in Österreich drei Jahre lang zu decken. Die Wahrscheinlichkeit, dass die ADX vorfindet, was sie sich erhofft, liegt bei 20 bis 30 Prozent. Oder wie die Bohrgegner es formulieren würden: Zu 70 bis 80 Prozent finden sie nichts.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bohren im Idyll
 
 
 
 
 
 
 
 
 
In der kleinen Gemeinde hat sich schon vor mehr als einem Jahr – direkt nach Bekanntwerden der Bohrpläne am Wirtshaustisch – Widerstand formiert. Die Bohrung findet nämlich in einem Refugium für viele sehr selten gewordene Arten statt, wie mir Biodiversitätsforscher Franz Essl erklärt hat. Im abgelegenen Jaidhaustal konnten sich Flora und Fauna relativ ungestört, ohne menschliche Eingriffe ausbreiten. Ich bin mit den Öffis von Wien angereist – das letzte Stück musste ich im Schulbus zurücklegen – und habe mir das vor Ort angesehen.

Die Fronten zwischen Bohrbefürwortern und Naturschützern sind inzwischen sehr verhärtet. Manche Familien haben das Thema Bohrung zum Schutz des gepflegten Sonntagnachmittagskaffees für tabu erklärt. Die ADX droht beim Betreten des Betriebsgeländes mit Klage, und kürzlich gab es sogar eine tätliche Auseinandersetzung von ADX-Securitys und Demo-Teilnehmer:innen nahe des Bohrplatzes.

Ein letztes Update: Der §43a des oberösterreichischen Naturschutzgesetzes, der eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt, liegt jetzt zur Prüfung beim Verfassungsgerichtshof!

Rot-schwarzes Transparent am Eingang zum Talkessel im Jaidhaus, wo Bohrung und Naturschutzgebiet sind.
 
 
 
Die Einfahrt zum Talkessel im Jaidhaus, zur Bohrung und dem Naturschutzgebiet. Außer ein paar einsame Stadl und Transparente der Bohrgegner gibt es hier nicht viel. - Foto: Paul Koren
 
 
 
 
 
Aber nicht nur in Molln verursachen fossile Projekte soziale Spannungen und beeinträchtigen Natur und Tiere. In diesem Newsletter reisen wir von Südamerika über Afrika Richtung Asien, einmal am Äquator entlang, und starten passend dazu auch gleich in Ecuador.
 
 
 
 
 
 
 
 
ECUADOR
Wo die Nationalparks wieder ölfrei sind
 
 
 
 
 
 
 
 
Vor fast 60 Jahren hat im Yasuní-Nationalpark im Osten Ecuadors die Erdölförderung begonnen. Auf Englisch nennt sich das ›exploitation‹, also Ausbeutung. Ein Begriff, den Óscar Machoa wohl treffender finden würde. Der 67-Jährige ist Heiler einer heimischen indigenen Quechua Community und beklagt die nicht gehaltenen Versprechen der Ölkonzerne, die verschmutzten Flüsse und die fast täglichen Öl-Lecks in den letzten zwei Jahren. Das hat verheerende Auswirkungen in einem der artenreichsten Gebiete der Welt. Vor allem weil der Amazonas-Regenwald, in dem der Yasuní-Nationalpark liegt, sowieso bereits am Rande eines Tipping Points steht.

Letzten August hielt Ecuador dann eine Volksabstimmung über die Zukunft der Ölfelder im Nationalpark ab. Der Ausgang war alles andere als vorhersehbar. Manche im Regenwald lebende Gruppen, wie die indigenen Huaorani, waren für weitere Ausbeutung der fossilen Ressourcen, weil sie auf die prekären Arbeitsplätze, die dadurch entstehen, angewiesen sind.
 
 
 
 
ZU DIÁLOGO CHINO
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Doch diese Geschichte hat ein Happy End: Am 20. August 2023 haben die Ecuadorianer in einem historischen Referendum mit klarer Mehrheit jeder weiteren Ausbeutung der Ölfelder im Nationalpark und damit auch jener der dort lebenden Menschen eine Absage erteilt.
 
 
 
 
 
 
 
 
UGANDA
Eine Pipeline spaltet Uganda
 
 
 
 
 
 
 
 
Um zwei Ölfelder in Uganda mit einem Exporthafen an der Küste des benachbarten Tansanias zu verbinden, wollen zwei internationale Erdölunternehmen eine 1.443 Kilometer lange Pipeline einmal quer durch beide Länder bauen. Der Name der französisch-chinesischen Koproduktion: EACOP. East African Crude Oil Pipeline. Das 3,5 Milliarden Dollar schwere fossile Projekt soll Emissionen in Höhe von rund 34 Millionen Tonnen CO2 jährlich verursachen.

Vor allem Studenten und Jugendliche gehen in Uganda auf die Straße, um gegen die Pipeline zu protestieren. Obwohl die Demos meist klein und friedlich abliefen, reagierte die Regierung von Uganda repressiv. Die Polizei hat die Versammlungen mit Gewalt aufgelöst und Aktivist:innen sogar eingesperrt. Bob Barigye ist deshalb bereits vier Mal hinter Gittern gelandet. Der Fall des 35-jährigen Biologielehrers hat sogar den UN-Sonderberichterstatter zur Lage von Menschenrechtsverteidigern auf den Plan gerufen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
ZU DRILLED
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Diese Reportage des globalen Multimedia-Reporting-Projekts Drilled begleitet Barigye und erzählt von den sozialen, ökologischen und energiepolitischen Problemen, die die Pipeline verursachen könnte.
 
 
 
 
 
 
 
 
INDONESIEN
Vertriebene Sumpfkönige
 
 
 
 
 
 
 
 
Was passiert, wenn sich die Natur gegen Eingriffe in sensible Gebiete wehren kann, lassen die Spuren auf den Körpern der Einwohner von Bangka Island erahnen. Auf leeren Kanistern, über die sie ein paar dünne Baumstämme gespannt haben, fahren die Indonesier raus aufs Wasser, um in den Flussbetten und Sümpfen der Insel nach Zinn zu sieben, bis die Sonne untergeht. Sie verkaufen den Rohstoff für umgerechnet zwölf Euro pro Kilo.

Wären die alten gefluteten Zinngruben nur nicht die Heimat der ›Puaka‹, der dreieinhalb Meter langen heimischen Salzwasserkrokodile.

Früher waren die ›Puaka‹ die Könige der Sümpfe, heute leben sie dort nur noch verstreut. Denn es kommt inzwischen so oft zu Konflikten mit den fischenden Einwohnern, dass auch die Artenschützer vor Ort überfordert sind. Die Zinn-Männer machen selbst vor geschützten Waldgebieten nicht halt. Viele verletzte Menschen und getötete Krokodile sind die Folge.
 
 
 
 
ZUM EARTH JOURNALISM NETWORK
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Seit einer Krokodil-Attacke im November 2020 kann Rozi nicht mehr richtig gehen, Sari'as Arm ist narbenübersät. Diese Reportage des Earth Journalism Networks zeigt das Spannungsfeld zwischen den auf ihre illegale Zinn-Fischerei finanziell angewiesenen Einwohnern und der Zerstörung des Lebensraums der Krokodile.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Breitengrade-Quiz
 
 
 
Österreichs heimische Gasproduktion ist in den letzten Jahren konsequent zurückgegangen. Wie viele Terajoule Erdgas haben wir laut Statistik Austria im November letzten Jahres selbst produziert und wieviel wurde importiert? (In diesem Monat stammten 98 Prozent unseres importierten Gases aus Russland!)
 
 
 
 
A) 1.907 TJ selbst und 43.747 TJ importiert
B) 403 TJ selbst und 27.309 TJ importiert
C) 6.305 TJ selbst und 80.784 TJ importiert

Unter allen richtigen Antworten wird ein dreimonatiges DATUM-Abo verlost. Die Auflösung gibt es im nächsten Newsletter.

Auflösung aus #25: Bei 2,7 Grad Erderhitzung würden ein Drittel der Gletscher verschwinden. Letztes Mal gab es leider keine:n Gewinner:in, vielleicht habt ihr ja beim aktuellen Quiz mehr Glück?
 
 
 
 
Vielen Dank für deine Unterstützung!
 
 
 
 
Zum Schluss nochmal ein großes Danke an dich, dass du DATUM Breitengrade abonnierst, liest und vielleicht sogar weiterempfiehlst. Ich hoffe, dass du dem Newsletter auch künftig als Leser:in erhalten bleibst.

A propos Weiterempfehlen: Wenn du diesem Newsletter-Projekt ein wenig helfen möchtest, kannst du das in nur zehn Sekunden tun. Diese Empfehlungs-Mail kannst du hier direkt an deine Freund:innen abschicken.

Vielen Dank! Die nächste Ausgabe erscheint am 18. April.

Herzliche Grüße
Paul Koren
 
 
 
 
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