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Beate Meinl-Reisinger hat etwas geschafft, was den Neos – und, sagen wir es, wie es ist, jeder kleineren Oppositionspartei – nur selten gelingt: Mit einer programmatischen Idee Aufmerksamkeit und Aufruhr zu erzeugen. Das Problem: Die Idee ist eher mäßig.

Konkret geht es um das im Rahmen ihres soeben erschienenen Buches „Wendepunkt – wie wir das wieder hinkriegen“ angeregte Konzept eines „Chancenkontos“: Jeder 18-Jährige soll ein „Grunderbe“ von 25.000 Euro zur Verfügung gestellt bekommen, mit dem er – zweckgebunden – Ausbildung, Unternehmensgründung oder Wohnung finanzieren kann. Sollte er dann eines Tages etwas erben, müsste er die 25.000 zurückzahlen.

Ebenes Spielfeld
Der Sinn des Ganzen soll sein, die Ungleichheit auszugleichen, die zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft – reiche Familie, arme Familie, gebildet oder weniger gebildet – nun einmal besteht. Das ist im Kern ein liberaler Gedanke – der von einem „level playing field“, das der Staat bereitstellen soll, das Familien- und sonstige Effekte abmildert, sodass jeder sein volles Potenzial entfalten kann, ob er nun von zu Hause viel mit auf den Weg bekommt oder wenig.
 
 
 
 
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Das ist ein Gedanke, dem man ja grundsätzlich etwas abgewinnen kann – nur ist Gießkannengeld die ungeschickteste, ineffizienteste Art, so etwas zu gewährleisten. 

Zum einen aus grundsätzlichen Erwägungen: Wir sprechen hier bei der ungefähren Größe eines Jahrgangs von plus minus 90.000 Menschen von rund 2,3 Milliarden Euro, die der Staat pro Jahr bereitstellen müsste. Jetzt mangelt es den Neos nicht an (guten!) Ideen, wo er diese Summe und mehr einsparen könnte – aber in Zeiten eines Rekorddefizits solche Ideen zu ventilieren, hat zuallererst einmal etwas davon, das Fell eines Bären zu verteilen, der sich gegen jede Art von Kürzung mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Reformen statt Gießkanne
Zum anderen hat unsere Republik schon jetzt dutzende Systeme, die unsere Gesellschaft in Richtung eines „level playing field“ steuern sollten: ein Schulsystem, das Bildungsdefizite zu Hause ausgleichen soll; ein Sozialversicherungssystem, das die Sicherheit geben soll, durch Unfälle oder Krankheiten nicht in Armut zu stürzen. Ein Insolvenzrecht, das Scheitern nicht zur totalen Katastrophe macht. Ein Pensionssystem, das niemanden im Alter Armut fürchten lassen sollte, und so weiter. Und alles finanziert durch ein Steuerrecht, das bei Erfolgreichen progressiv stärker zugreift als bei weniger Erfolgreichen.

Jetzt hat jedes dieser staatlichen Systeme seine Probleme, teils sehr große – aber diese ausgleichenden Institutionen zu reformieren, in sie zu investieren und sie auszubauen (wofür Meinl-Reisinger ebenfalls durchaus Ideen hat), ist eine weit gerechtere und nachhaltigere Art, für sozialen Ausgleich zu sorgen, als einfach jedem einen Scheck in die Hand zu drücken.

Und auch in den drei Bereichen, für die das „Chancenkonto“ zur Verfügung stehen soll, gibt es zielgerichtetere Methoden: die Wohnbauprogramme der Länder für die Wohnung, Studienbeihilfe und Stipendien für die Ausbildung, gezielte Förderungen für Jungunternehmer.

Wer fördert, darf auch fordern
„Förderung“ klingt natürlich weniger sexy, hat aber gegenüber dem innovativen „Grunderbe“ den Vorteil, dass jemand, der das Geld haben will, bestimmte Auflagen erfüllen muss. Und das ist, wo es um viel Steuergeld geht, durchaus zumutbar: Wenn der Staat einem beim Studium helfen soll, darf er Anstrengung verlangen; wenn es um ein Unternehmen geht, einen soliden Businessplan, und so weiter.

Klar kann und soll man daran arbeiten, solche Instrumente treffgenauer und noch hilfreicher zu machen – aber damit, einfach einen Batzen Geld hinzulegen, macht man es sich zu einfach. 

Herzlich,
Ihr Georg Renner
 
 
 
 
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