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Liebe Leserinnen, liebe Leser!
die vergangene Woche war inhaltlich recht dicht, und zwischen Budget, Kurz-Prozessauftakt, Terrorwarnung und weitaus tragischeren Ereignissen ist mir ein wenig untergegangen, dass die türkis-grüne Koalition am Dienstag im Rahmen eines (grundsätzlich sinnvollen) Investitionspakets noch schnell das Erneuerbare-Wärme-Gesetz zu Grabe getragen hat.
Ich weiß, sie selber formuliert das anders, jubelt über ihren „Rechtlichen Rahmen für Verbot von Gasheizungen im Neubau“ und die massive Erhöhung von Förderungen für Heizungstausch und andere Öko-Maßnahmen. Aber Tatsache bleibt, dass der neue Vorschlag (er braucht eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, also auch die Stimmen von SPÖ oder FPÖ) ein deutlicher Rückschritt gegenüber dem von derselben Regierung vor einem Jahr einstimmig (!) beschlossenen EWG-Entwurf ist, der je nach Alter der Heizung ein stufenweises Verbot von Kohle-, Öl- und Gasheizungen bis 2040 auch im Gebäudebestand enthalten hätte.
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Der neue Entwurf verbietet dagegen nur den Einbau neuer Anlagen. Zwischen den beiden Entwürfen liegen eine beinharte Boulevard-Kampagne gegen ein ähnliches Gesetz in Deutschland, samt einem deutlichen atmosphärischen Umschwung, was die zwangsweise Umsetzung von Klimamaßnahmen angeht.
Ein ausgeweidetes Paket
Jetzt verstehe ich, dass sich vor allem die Grünen das mit dem Argument schönreden: „Besser ein unvollständiges Gesetz als gar keines beziehungsweise eines, das in einem Jahr wieder aufgehoben wird.“ Insgesamt bleibt das derart ausgeweidete Paket aber eine Enttäuschung, und zwar eine, die das Bild einer Regierung verfestigt, die auch auf den letzten Metern ihrer Amtszeit zwar mit viel Geld künftiger Generationen um sich wirft, aber kaum strukturelle Schritte wagt.
Ja, es ist super, dass künftig noch mehr Menschen fast den gesamten Heizungstausch vom Staat bezahlt bekommen, und klar, das wird einen Effekt haben. Aber dass Politikerinnen und Politiker nun auch einmal gewählt sind, Ordnungspolitik zu betreiben, Regeln und Strafen dafür einzuführen, was gesellschaftlich unerwünscht ist, hat man offenbar fast völlig vergessen.
Klar, niemand lässt sich gerne vom Staat vorschreiben, was er an seinem Haus ändern muss. Aber eine mit entsprechenden Förderungen versehene Wechselverpflichtung bis 2040 – 17 Jahre! – wäre für niemanden unzumutbar. Dass sie gefallen ist, ist vor allem für die Planung in der Energiewirtschaft schlimm: Das Aktienrecht verpflichtet dort viele zur Profitmaximierung; hier hätte ein ordnungspolitischer Rahmen mit einem klaren Ausstiegsplan Wunder gewirkt, was Investitionen und Unternehmensstrategien angeht.
Noch besteht Hoffnung
Eine Schimäre bleiben wird die Hoffnung, die bestehende Gas-Infrastruktur könnte für „grünen“ Wasserstoff oder Biogas genutzt werden – nach sämtlichen Prognosen ein Trugschluss. Jene (kleinen) Mengen davon, die bis 2040 zur Verfügung stehen werden, sollten für die Industrie reserviert bleiben, die auf diese Ressourcen angewiesen sein wird. Wunschdenken, gewachsene Strukturen zu erhalten, verdrängt hier den notwendigen Realitätscheck, der Aufgabe der Regierung wäre.
Es ist aber noch nicht alle Hoffnung dahin, dass Österreich auch bei der Raumwärme die Kurve Richtung Klimaneutralität kratzt. In den nächsten Jahren soll als Nachfolger zur CO2-Abgabe ein (idealweise EU-weiter) Zertifikatehandel für Gas und Öl eingeführt werden, der fossile Brennstoffe massiv verteuert. Damit entsteht statt einem ordnungspolitischen ein wirtschaftlicher Zwang, sich vom alten Kessel zu trennen – wenn das ordentlich umgesetzt wird.
Die konsequente Arbeit daran – vorzugsweise mit und in Brüssel – sollte Priorität für die Regierung, diese oder die nächste, haben. In der anderen Richtung werden Länder und Gemeinden Unterstützung brauchen, maßgeschneiderte Lösungen für die Wärmeinfrastruktur zu schaffen: Im städtischen Raum braucht es andere Rezepte (Fernwärme und Geothermie zum Beispiel) als am Land, wo der großflächige Einsatz von Wärmepumpen gangbar ist.
Zuletzt bleibt die Aufgabe Bewusstseinsbildung. In etlichen Ländern sind in den vergangenen Jahren die kostenlosen Angebote einer Energieberatung durch Landesagenturen zurückgefahren worden. Hier Geld in die Hand zu nehmen (egal ob aus Bundes- oder Landestöpfen), Haus- und Wohnungseigentümer individuell zu beraten, wäre eine sinnvolle Investition. Wenn man schon niemanden zwingen will, seine Heizung zu wechseln, sollte man es ihm möglichst leicht machen, das freiwillig zu tun.
Herzlich,
Ihr Georg Renner
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(c) Satzbau Verlags GmbH
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