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Liebe Leserinnen, liebe Leser!


heute ist es passiert: Die türkis-grüne Koalition hat mich überholt. Ursprünglich hätten Sie an dieser Stelle eine Abwägung bekommen, was – angelehnt an die Mahrer-Muchitsch-100.000 Euro-Show – ein gutes Wohnbaupaket enthalten sollte (Spoiler: eher nicht 100.000 Euro für jeden). Und dann kam am Vormittag plötzlich die Nachricht: Das Paket ist schon fertig. 

Wobei „fertig“ natürlich relativ ist – vorerst gibt es nur einmal eine politische Absichtserklärung. Aber nachdem beide Koalitionspartner und die Sozialpartner sich recht zufrieden geben, dürfte es kommen, wie vereinbart. Die Eckpunkte des Pakets, soweit bisher präsentiert:

- Eine Milliarde Euro verteilt der Bund an die Länder, damit die den gemeinnützigen Wohnbau fördern. Ziel ist, so je 10.000 neu Eigentums- und Mietwohnungen zu schaffen sowie 5.000 bestehende zu sanieren.

- Die Länder sollen selbst größere, günstig verzinste und lang laufende Wohnbaudarlehen vergeben. Das dürfen sie jetzt schon und tun das üblicherweise im Ausmaß von 50.000 bis 80.000 Euro bei 1 Prozent Zinsen. Die Koalition will sie unterstützen, bis zu 200.000 Euro mit 1,5 Prozent Zinsen auszugeben – und macht dafür Bundesgeld locker.

- Beim Erwerb des ersten Eigenheims (bis zu 500.000 Euro) verzichtet der Staat auf Grundbuch- und Pfandrechts-eintragungsgebühr, um Eigentumserwerb zu erleichtern.

- Die Länder bekommen die Möglichkeit, substanzielle Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben einzuheben. Bisher war das durch Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs nur sehr eingeschränkt möglich – in Zukunft soll eine Höhe möglich sein, die Wohnraumspekulation durch Leerstehenlassen unwirtschaftlich macht. Dafür braucht es aber eine Zweidrittelmehrheit – und damit die Stimmen von SPÖ oder FPÖ.

Prävention schlägt Rekonstruktion
Das ist viel Geld, das da in Bewegung gesetzt wird, und eigentlich hat der Staat davon gerade nicht viel. Und wollte gerade die ÖVP nicht vor ein paar Wochen „Interventionalismus und Etatismus“ abschwören?

Trotzdem liegt die Koalition richtig mit ihrem Paket. Im Wohnbau zeichnet sich seit Monaten eine massive Krise ab – ich habe im Oktober-DATUM ausführlicher darüber berichtet –, und das hat auf mehreren Ebenen fatale Auswirkungen: Erstens steht die Bauwirtschaft mitsamt den Betrieben, die indirekt von Hausbau bzw. Hausbesitz leben – denken Sie an Möbelhändler, Gärtnereien usw. – annähernd für ein Zehntel der österreichischen Wirtschaftsleistung. Zweitens hätte ein längerer Einbruch im Wohnbau mit ein, zwei Jahren Verzögerung eine Wohnungsknappheit zur Folge – was die Mietpreise in die Höhe treibt, was wiederum unseren Wohlstand einschränkt.
 
 
 
 
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Hier jetzt zu einer zusätzlichen Krisenförderung zu greifen, ist wahrscheinlich die billigere Variante, als in ein paar Jahren vor Trümmern zu stehen und dann noch umfangreichere Hilfen zu brauchen. Die Milliarde für den sozialen Wohnbau, die Abschaffung der Nebengebühren und die Mobilisierung von Leerständen über gezielte Steuern sind sinnvolle, verhältnismäßige Mittel. Das ist die gute Seite des Pakets.

Wer fördert, sollte auch fordern
Die Schattenseite: Dafür, dass die Länder recht viel Geld bekommen, mit dem sie die Wohnbau-Spendierhosen füllen können, sind ihre Zugeständnisse recht überschaubar. Gerade beim Bauthema, das unmittelbar mit Bodenverbrauch und -versiegelung zusammenhängt, hätte sich angeboten, die Fördermittel an die Zustimmung zu der lang ausständigen Bodenstrategie zu knüpfen. 

So, wie es die Koalition angekündigt hat, besteht die Gefahr, dass die erhöhten Kreditmittel erst wieder in den Ausbau von Einfamilienhäusern am Ortsrand fließen – und, wie die Ziviltechnikerkammer kürzlich richtig eingewendet hat: Das können wir uns langfristig einfach nicht mehr leisten. Durch den fortgesetzten Flächenfraß widerstehen unsere Böden Unwettern schlechter, speichern weniger CO2 und vor allem verlieren wir zunehmend die Möglichkeit, uns aus den Früchten unseres Landes selbst zu ernähren – und die wäre im neuen Zeitalter der Geopolitik durchaus erhaltenswert.

Noch ist das – grundsätzlich begrüßenswerte – Paket nicht beschlossen. Die Regierungsparteien sollten die Zeit bis dahin nützen, den Geldsegen an die Länder mit Auflagen (oder, idealerweise, mit der Bodenstrategie) zu verknüpfen; zum Beispiel, dass die neuen Kredite vor allem Sanierungen und Bauten im bereits verdichteten Ortsgebiet zugutekommen.

Herzlich,
Ihr Georg Renner
 
 
 
 
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